Lüchow
Bleicherstraße 6
Datum: 1935
Zeitraum: 1933 - 1945
Allgemeiner Anzeiger vom 9.8.1941:
"Am 4. Dezember 1896 machte sich der Drechslergeselle Heinrich Behns in Lüchow im Hause Drawehnerstraße Nr. 36 selbständig. Während seiner Dienstzeit beim 8. Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 70 in Saarbrücken stürzte er bei einer Felddienstübung und zog sich dabei so schwere Verletzungen zu, daß ihm beide Beine bis zum Oberschenkel abgenommen werden mußten.
Er war in Suhlendorf geboren, wo sein Vater in der Brennerei von Koch beschäftigt war, später aber nach Lüchow zog und lange Jahre als Brennmeister in der Krebs'schen Brennerei arbeitete. Mütterlicherseits entstammte Heinrich Behns einer alten Drechslerfamilie. Sein Großvater und sein Urgroßvater betrieben das Drechslerhandwerk in Suhlendorf, wo sie in der dortigen Gegend sehr bekannt waren. Kamen sie in die Ortschaften dort, um Reparaturen namentlich an Spinnrädern vorzunehmen, so ging es von Mund zu Mund: "Morgen kamen de Suhlendörper Dreßler!"
Im Jahre 1902 erwarb Heinrich Behns das Carsten'sche Wohnhaus in der Bleicherstraße käuflich, in welchem der Schneidermeister Stallbohm wohnte, der nach Hamburg zog. In diesem Hause hat Heinrich Behns 38 Jahre seine Drechslerei betrieben.
Als ein sehr geschickter Arbeiter in seinem Fach drehte er sehr hübsche Kunstgegenstände, als Fruchtschalen, Kandelaber, Lampen, Brotteller, Dosen usw., die als Geschenkartikel gern gekauft wurden. Besonders in der Weihnachtszeit konnte er der vielen Aufträge kaum Herr werden. Daneben fertigte er Kegel, Kegelkugel, Tische, Bänke, Bauernstühle - und auch Aalkörbe aus Weiden und Draht an, für die er Abnehmer bis nach Göttingen hatte.
Seine liebste Nebenbeschäftigung war die Fischerei. Schon in alter Herrgottsfrühe sah man ihn damals mit seinem Kahn auf der Jeetzel beim Aufnehmen seiner Aalkörbe, aus denen sich mancher stramme Bursche dieses schmackhaften Fisches in den Kahn schlängelte, - in den letzten Jahren waren es zu seinem großen Kummer, vorwiegend große Mengen der ekelhaften Wollhandkrabben, die den Aalkorb belebten. Ein Fest war es, wenn Heinrich Behns seine Fischer-Kameraden nach erfolgreichem Fange abends zu sich in seine Laube an der Jeetzel lud und ihnen frisch aus der Räuchtonne entnommene Aale vorsetzte - das Aalräuchern verstand er aus dem ff.
Hansens Vader hatte manchmal schon die Mitternachtsstunde verkündet, wenn endlich die "letzte Runde" beim Skat in der Laube angesagt wurde. Skat spielte unser Meister, wenn er am Nachmittag mit seinem Kahn früher bei Fröhlings Marie, später bei Ernst Wolter "achter de Muer", Station machte, hin und wieder gern, und man spielte auch mit ihm gern Skat; er regte sich nicht auf, wenn er mal einen Nullouvert aufgelegt verlor und stimmte keine Jubeltöne an, wenn er einen Grand ohne vier mit 61 Point gewann, schimpfte auch nicht, wenn seine Partner Bruchwitz oder Hugo Rautenkranz durch einen Bummel beim Ausspielen dem Gegner zum Gewinn verhalf. Friedlich turnte er in seinen Kahn und schwamm heim. Vor etwa Jahresfrist starb Meister Behns nach kurzer Krankheit und mit ihm schloß wieder eine Drechslerwerkstatt in Lüchow für immer ihre Pforten."
Quelle:
Torsten
Schoepe
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