Der Taucher Rössler bei einer Arbeitspause

Dömitz (Straßenbrücke)
Datum: 29. Dezember 1951
Zeitraum: 1946 - 1960

Das Foto wurde in der 'Dannenberger Zeitung' mit folgendem Artikel veröffentlicht. Der Fotograf war ein R. Meyer aus Darchau. Falls jemand diesen damaligen Journalisten kannte und ggf. Hinweise geben kann, wo man nach seinem fotografischen Nachlass forschen könnte, bitte Hinweise an das Wendland-Archiv (siehe Kontakt). Es sind mehrere Artikel und Fotos vom ihm in der 'Dannenberger Zeitung' in den Jahren 1951 und 1952 veröffentlicht worden.

"Taucher an der Dömitzer Straßenbrücke
Bergungs- und Räumungsarbeiten zum Jahresende abgeschlossen

Das Wasser- - und. Schiffahrtsamt Hitzacker führt z. Zt. eine Räumungsaktion an der Dömitzer Brücke durch. Es; ist nicht das erste. Mal, daß diese Arbeit in Angriff genommen wird. Bekanntlich sind beide Dömitzer Brücken — Straßen- und Eisenbahnbrücke — im Zuge der Kampfhandlungen im Frühjahr 1945 gesprengt worden. Dabei ist die Eisenbahnbrücke wesentlich günstiger weggekommen, lediglich ein „Brücken-Joch" stürzte in den Fluß. Diese Hindernisse konnten inzwischen geräumt werden.

Anders ist es bei der Straßenbrücke. die erst wenige Jahre vor dem Kriege fertiggestellt wurde. Sie ist fast in ihrem gesamten Verlauf über dem Flußbett zum Einsturz gebracht worden. Dadurch befinden sich hier erheblich mehr Trümmer auf dem Grunde der Elbe. Es handelt sich meist um geborstene Betonklötze, Drahtgeflecht und Eisenträger.

Anfangs war dje gesamte Fahrrinne verstopft und mit Wasserfahrzeugen kaum zu passieren. So sah sich die britische Besatzungsmacht seinerzeit gezwungen, die größeren Hindernisse mit Wasserbomben zu sprengen. 1946 begann dann das Wasser- und Schifffahrtsamt mit den Aufräumungs- und Bergungsarbeiten von deutscher Seite aus. Die Bergung der Eisenbahnbrückentrümmer erfolgte allein von unserem westlichen Amt, während die der Straßenbrücke anschließend zum Teil auch von den ostzonalen Behörden veranlaßt wurde. Die Arbeiten wurden etappenweise in jedem Jahre — so wie die Gelder bewilligt wurden — durchgeführt.

In diesem Jahr sollen nun die Räumungsarbeiten abgeschlossen werden. Während die auf der ostzonalen Seite liegende Fahrrinne bereits in den Vorjahren geräumt worden ist, wurde jetzt auch das übrige Flußbett systematisch mit Hilfe eines Eisensuchgerätes nach etwa noch vorhandenen Stahl- bzw. Stahlbetontrümmern abgesucht. In unermüdlicher Arbeit baggerte der Schwimmgreifer der Fa. Vogler-Hamburg einzelne, zum Teil stark übersandete, Trümmerreste frei. In der Hauptsache fand man nur durch Bombenabwürfe zusammengedrücktes Moniereisen mit kleineren Betonstücken. An zwei Stellen aber wurden größere Trümmerstücke ausfindig gemacht, die nur mit stärkeren Hebefahrzeugen zu beseitigen waren.

So hat das Wasser- und Schifffahrtsamt das Lauenburger Bergungsunternehmen Teschner und Illing beauftragt, die Trümmer zu beseitigen. Vor einigen Tagen wurde das Bergungsschiff „Gisela” an Ort und Stelle geschleppt; mit ihm der Taucher Rössler, um den Auftrag auszuführen.

Es herrscht neblig-kaltes Wetter, und man bekommt unwillkürlich eine "Gänsehaut", wenn man Rössler in das "nasse Element" hinabsteigen sieht. Während einer kurzen Tauchpause finden wir Gelegenheit, mit dem jungen Taucher einige Worte zu sprechen. Er ist sichtlich erschöpft und gesteht uns auch, daß die Taucherei ein hartes Brot ist. Trotzdem liebt er seinen Beruf und hat den Plan, später einmal ins Ausland zu gehen, weil die Verdienstmöglichkeiten dort besser sein sollen. Vorläufig will er sich allerdings noch gedulden, da er seine alleinstehende Mutter ernähren muß und sie nicht im Stich lassen will.

Beim Auftauchen — uns fielen seine blaugefrorenen Hände auf, da er keine Handschuhe trug - hatte er zuvor verkündet, daß er soeben noch einen mittelgroßen Querträger der ehemaligen Brücke entdeckt hatte. Am Vortage war bereits ein etwa 4 Tonnen schwerer Betonbrocken, der stark übersandet war, beseitigt.

Über dem Taucherhelm ist inzwischen das Wasser wieder zusammengeschlagen, und die Männer von der „Gisela" stehen oben an der Pumpe. Doch der erste Hebeversuch mit dem 5-Tonnen-Kran scheitert, da das eine Ende des Trägers völlig übersandet ist. Rössler macht nun einen erneuten Versuch mit Hilfe eines Spülschlauches, um damit den Sand wegzuspülen. Schließlich geht er dem Träger mit einem Unterwasserschweißgerät zu Leibe, um die Haltetrosse des großen 50-Tönnen-Kranes befestigen zu können. Dieser wird den „starrsinnigen Koloß" letztlich dann doch heben und an die Oberfläche bringen.

Von oben kann man den Standort des Tauchers genau ausmachen, da an dieser Stelle Luftblasen und schwacher Dampf vom Schweißgerät an die Oberfläche steigen. Ein Mann am Telefon steht laufend mit dem Taucher in Verbindung und gibt dessen Anweisungen weiter. Wenn man über die Arbeit des Tauchers unter Wasser spricht, darf man nicht vergessen, daß er sich keinesfalls so bewegen kann, wie er möchte. Behindert wird er durch die Halteleine, den Sauerstoffschlauch, die Schläuche des Schweißgerätes und nicht zuletzt durch die 80 Kilogramm, die sein Anzug wiegt.
Man wird sich überzeugen lassen müssen, daß nur gesunde, intelligente und vor allem mutige Männer diesen Beruf ausüben können.

Nebenan liegt der Bagger „Gigant", der ebenfalls eingesetzt ist, um beim Baggern noch etwa vorhandene Trümmerreste festzustellen.

Nach Abschluß dieser Arbeiten wird die gesamte Durchfahrt, auch die Dömitzer Straßenbrücke, endgültig von einer unglücklichen Gefahrenquelle befreit sein, und Kapitäne und Steuerleute werden ihrem stetigen Helfer, dem Wasser- und Schifffahrtsamt mit seinem unermüdlichen Personal dankbar sein."
Herkunft:  Axel  Schmidt
Quelle:  Torsten  Schoepe
Nutzungsrechte: Zur Klärung etwaiger Urheberrechte wenden Sie sich bitte an Torsten Schoepe, Plater Weg 4, 29439 Lüchow, e-mail torsten@schoepe.de. Wenn als Autor Torsten Schoepe angegeben ist, unterliegt die Abbildung besonderen Nutzungsrechten.
Elbe
Archiv-ID: 62549
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